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In Swoop der Held des Tages im Derby

Das persönlich Wichtigste zu Beginn: Der Kolumnist hat den Sieger im Deutschen Galoppderby in Hamburg-Horn gewettet. In Swoop und Dicaprio waren meine Derbywetten, für letzteren war der Boden nicht weich genug. Doch Erstgenannter kam durch das Feld „geflogen“ und überrannte noch Torquato Tasso und Grocer Jack.



Ein wenig habe ich beim Sieger auch an Trainer Jean-Pierre Carvalho gedacht: Denn der trainierte im letzten Jahr die Schlenderhaner Pferde und eben diesen In Swoop. Doch dann kam das Ende der Schlenderhaner Trainingsanlage in Bergheim, der spätere Derbysieger wechselte mit anderen Stallgefährten (unter anderem Alson) nach Frankreich und jetzt betreut ihn Francis-Henri Graffard. Wäre alles beim Alten geblieben, hätte Carvalho einen Derbysieger trainiert.

Dass In Swoop einiges kann, hatte der Hengst schon bei seinem dritten Platz im Prix Du Greffulhe (Gruppe 2) bewiesen. „Dort lief er wie ein Pferd, dem die längeren 2400 Meter in Hamburg liegen könnten. Kann mitmischen“, hatte diese Kolumne mal richtig orakelt. Zumal die Abstammung für Stamina und Klasse steht: Vater Adlerflug (Derbysieger 2007), Mutter Iota (Diana-Siegerin 2005, damals wurde die Diana in Hamburg-Horn gelaufen), ein Bruder ist der Gruppe 1-Sieger Ito. Also bester deutscher Vollblut-Adel.

Kurz musste Jockey Ronan Thomas den späteren Derbysieger schon früh mal bemühen, doch dann stürmte In Swoop leicht nach vorne, zeigte großen Speed und siegte letztlich noch sicher. Natürlich bin nicht nur ich gespannt auf die weitere Entwicklung. Es war erst der dritte Lebensstart und Adlerflug-Nachkommen sind im Vergleich relativ spätreif. 

Fast hätte es eine noch größere Überraschung durch einen weiteren Adlerflug-Nachkommen gegeben: Torquato Tasso kam ebenfalls mit großem Schlussakkord, doch es reichte trotz des gut abgestimmten Ritts von Jack Mitchell nicht ganz. Diese Kolumne hatte ihn immerhin als chancenreichen Außenseiter bezeichnet, aber auch befürchtet, dass das Derby noch etwas zu früh kommt.

In Swoop und Torquato Tasso haben nicht nur den Vater gemeinsam: Für beide Hengste war es auch erst der dritte Lebensstart. Das verspricht auch beim Zweitplatzierten noch einiges.  Marcel Weiß, Trainer des Zweitplatzierten, hat in seiner ersten Saison als Nachfolger von Jens Hirschberger seine Pferde nach Stotter-Start inzwischen gut in Schuss.

Kein Happyend für Best, Schütz und Kellahen

Grocer Jack war als Dritter endlich mal vor Wonderful Moon und sah kurz wie der Sieger aus, bevor die Speedpferde ihn noch überrannten. Dahinter lief Kaspar ein gutes Rennen und blieb noch vor dem Favoriten Wonderful Moon, dem die Distanz doch ein wenig zu lang wurde. Für Dicaprio war der Boden dann doch nicht weich genug.

Leider wurde es dann auch nichts mit dem „Derbysieger der Herzen“, denn für Kellahen war an diesem Tag das Derby eine Nummer zu groß. Andre Best hatte „The Machine“ in gewohnter Manier an die Spitze befördert und gemeinsam mit Prince Oliver machte der Hengst viel Tempo, doch diesmal konnte er die Angriffe nicht parieren. Es wäre eine so schöne Geschichte gewesen für Trainerin Sarka Schütz und Jockey Andre Best, dem ansonsten beim Derby-Meeting vieles gelang.

Das Derby ist immer noch das mit Abstand interessanteste Rennen in Turf-Deutschland, auch wenn die Euphorie und Vorfreude bei mir schon lange nicht mehr so groß ist wie früher. Dieses Corona-Jahr war eine besondere Herausforderung. Natürlich fehlten die Zuschauer, fehlte die Stimmung, auch Pferderennen ohne Besucher sind eine trostlose Angelegenheit. Nur Aktive, Pferdebesitzer, Mitglieder des Rennvereins und einige Journalisten durften auf das Gelände.  „Und überall war spürbar: Fast jeder kannte fast jeden. Die Kernfamilie des deutschen Rennsports wurde etwa am Bratwurststand sichtbarer als in normalen Jahren, wenn im abgeschotteten VIP-Bereich der Jahrmarkt der Eitelkeiten abgehalten wird“, beobachtete die FAZ. Die deutsche Turf-Welt, sie ist eben klein. Zu klein.

Immerhin fand das Rennen statt, sogar ohne große finanzielle Abstriche wie beim englischen Pendant. Und es gab vernünftige Bilder – wie schon seit dem Neustart im Mai – bei den Online-Buchmachern, youtube und diversen Social Media-Kanälen. Selbst das Fernsehen war da, bei Sport 1 wird es künftig eine Sendung geben. Auch wenn die alten Addi Furler-Tage, als die gefühlte halbe Nation am Sonntag das Derby schaute, nie wiederkommen werden.

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