Es gab Zeiten in diesem Rennjahr, da dachte ich, dieses Deutsche Derby 2020 wird eine ganz langweilige Angelegenheit. Weil Wonderful Moon seine Rennen so souverän gewann und er damit ganz klar in die Favoritenrolle am 12. Juli in Hamburg-Horn rückte. Doch das Union-Rennen hat manches ein wenig gerade gerückt. Auch sonst ist es ein Derby mit vielen Chancen in diesem Corona-Jahr, in dem so viel anders ist. Starter und Chancen im Derby 2020
Wonderful Moon (Stall Wasserfreunde/Trainer Henk Grewe/Jockey Andrasch Starke): Musste in der Union gegen den sich tapfer wehrenden Grocer Jack im Kölner Regen richtig kämpfen, er gewann „nur“ mit einer drei-Viertel Länge. Vorher war er der eindeutige Primus des Jahrgangs, Natürlich bleibt der Sea The Moon-Sohn nach allen Vorformen Favorit, aber unbesiegbar scheint er nicht. Formen auf weichem/schwerem Boden: weich (w)1, w2
Grocer Jack (Dr. Christoph Berglar/Trainer Waldemar Hickst/Jockey Marco Casamento): Kontinuierlich verbesserter Hengst, der zuletzt Wonderful Moon ziemlich zusetzte und dabei den Eindruck machte, dass ihm vielleicht die 2400 Meter noch mehr liegen würde. Zweimal war er Zweiter hinter dem Top-Favoriten, aber vielleicht dreht er ja in Hamburg den Spieß um. Formen auf weichem/schwerem Boden: w2
Soul Train (Unia Racing/Trainer Andreas Wöhler/Jockey Bauyrzhan Murzabayev): Nachgenannt nach seinem Erfolg im Badener Derby-Trial gegen Adrian und Only The Brave. Dort gewann er mit sehr gutem Speed vom letzten Platz. Im Cologne Classic war er weit geschlagen, aber dort habe er ihn zu offensiv geritten, sagte sein Reiter. Bauryzhan Murzabayev wird wieder im Sattel sitzen, der Jockey ist in großer Form. Wenn das Pferd die 2400 Meter kann, mischt er mit. Formen auf weichem/schwerem Boden: w1, schwer (s) 2
Kaspar (Gestüt Röttgen/Trainer Markus Klug/Jockey Maxim Pecheur): Als Fünfter in der Union war Kaspar gar nicht so weit geschlagen, davor zeigte sich der Röttgener von Rennen zu Rennen verbessert. Viel Stehvermögen, muss sich aber weiter verbessern. Formen auf weichem/schwerem Boden: keine
Adrian (Gestüt Auenquelle/Trainer Henk Grewe/Jockey Anthony Crastus): Der nächste talentierte Kandidat aus dem Stall von Henk Grewe. Platz 2 im Badener Derby-Trial und der erste Platz aus dem Düsseldorfer Derby Trial vor der hochtalentierten Stute Deia machen den Auenqueller zumindest zu einem chancenreichen Außenseiter. Formen auf weichem/schwerem Boden: w1
In Swoop (Gestüt Schlenderhan/Frankreich/Trainer Francis-Henri Graffard/Jockey Ronan Thomas): In Frankreich trainierter Schlenderhaner, erst zweimal gelaufen, einmal gewonnen und dann Dritter im Prix Greffulhe (Gruppe 2) über 2200 Meter. Dort lief er wie ein Pferd, dem die längeren 2400 Meter in Hamburg liegen könnten. Kann mitmischen. Formen auf weichem/schwerem Boden: w3, w1
Kellahen (Karin Brieskorn/Trainerin Sarka Schütz/Jockey Andre Best): Bislang mein Galopper der Saison. Nach drei erfolglosen Starts zweijährig kam der erste Hammer am 10. Mai in Hoppegarten, als er als 93,3:1 Schuss diverse Vertreter großer Ställe wie Notre Ruler und Sir Polski Start-Ziel besiegte. Es folgten zwei weitere Erfolge in Hoppegarten und Dresden, jedes Mal saß Andre Best im Sattel. So ging der Wiesenpferd-Sohn schon als gut gewettetes Pferd in das Brümmerhof Derby-Trial und es folgte eine Demonstration der Stärke. Start-Ziel fand Kellahen mit Best immer neue Reserven, am Ende gewann der Hengst leicht gegen Slogan und California Queen.Diese Form gibt ihm gute Chancen in Hamburg, auch wenn dort die Gegner noch stärker erscheinen. Alle Siege auf gutem Boden. Formen auf weichem/schwerem Boden: w7, w6
Only The Brave (Besitzer Eckhard Sauren/Trainer Henk Grewe/Jockey Rene Piechulek): Zweifacher Sieger in Frankreich, zweijährig unter anderen in Longchamp. Beide Erfolge erfolgten auf schwerer bzw. weicher Bahn. In Deutschland Dritter im Badener Derby Trial und dabei nicht weit geschlagen. Die Formen in Frankreich kann ich schwer einschätzen. Formen auf weichem/schweremBoden: w1, s1
Dicaprio (Christoph Hoischbach und Thomas Krauth/Trainer Henk Grewe/Jockey Clement Lecoeuvre): Im Gegensatz zu seinem Stallgefährten Wonderful Moon ist Dicaprio noch ein richtiges Greenhorn. Erst zwei Lebensstarts bestritt er, wie viele Adlerflug-Nachkommen brauchte er etwas Zeit. Das Debüt in Köln sah schon sehr gut aus. Im Münchener Derby Trial steigerte er sich dann noch mal: Locker löste er sich auf den letzten Metern von Notre Ruler und Atiaro. Der Hengst scheint viel Stehvermögen und Talent zu besitzen. Die Form war auf weich bis schwerem Boden, mit dem manche Pferde nicht zurechtkommen. Daher bin ich bei den Abständen immer ein wenig skeptisch, aber Dicaprio ist ein sehr interessanter Kandidat. Formen auf weichem/schwerem Boden: w bis s 1
Frohsim (Ecurie Normandie Pur Sang/Trainer Chr. Farland/Jockey Adrie de Vries): Interessanter Gast aus Frankreich, der mit guten Formen kommt und zuletzt Zweiter in einem Listenrennen über 2400 Meter hinter der Schlenderhanerin Mare Australia war. Nicht zu unterschätzen. Formen auf weichem/schwerem Boden: w3
Palm Springs (Stall Moriki’s Friends/Trainer
Hans-Albert Blume/Jockey Jozef Bojko): Überraschte bei seinem Lebensdebüt in
Hannover viele höhereingeschätzte Kandidaten aus größeren Quartieren, danach
aber zweimal in besserer Gesellschaft ohne große Möglichkeiten. Aber schön,
dass Altmeister Hans-Albert Blume auch mal wieder einen Derbystarter hat. Formen auf weichem/schwerem Boden: keine
Near Poet (Darius Racing/Trainer Waldemar
Hickst/Jockey Michael Cadeddu): Zweimal deutlich geschlagen im Badener
Derby-Trial und im Cologne Classic, müsste sich schon gewaltig verbessern. Formen auf weichem/schwerem Boden: w3, w1
Toscano (Gestüt Höny-Hof/Trainer Jean-Pierre
Carvalho/Jockey Alex Pietsch): Noch sieglos, zuletzt als großer Favorit in Köln
geschlagen, auch wenn die Leistung nicht schlecht war. Seinen Bezwinger Torquato Tasso trifft er im Derby
wieder. Außenseiter. Formen auf
weichem/schwerem Boden: w2
Notre Ruler (Stall Hornoldendorf/Trainer Peter Schiergen/Jockey Lukas Delozier): Zweiter im Münchener Derby Trial hinter Dicaprio auf schwerem Boden, aber deutlich geschlagen. Beim Lebensdebüt Zweiter hinter Kellahen, beim zweiten Start Sieger in Dortmund. Sehr solides Pferd, das vielleicht noch Reserven haben könnte, sich aber steigern muss. Formen auf weichem/schwerem Boden: w bis s2
Brian Boru (Adelresort/Trainer Pavel
Vovcenko/Jockey Fabian Xaver Weißmeier): Noch sieglos, bei vier Starts gab es
durchaus Ansätze, aber das Derby wird er nicht gewinnen. Formen
auf weichem/schwerem Boden: keine
Anatello (Stall tmb/Trainer Michael
Figge/Jockey Sybille Vogt): Gast aus München, der auch dort seine Maidenschaft
ablegte. Im Münchner Derby-Trial weit geschlagen und auch im Badener Trial ohne
Möglichkeiten. Müsste sich schon gewaltig verbessern. Formen auf weichem/schwerem Boden: w bis s9, w1, s2, s4
Prince Oliver (Stall Bethke-Jaenicke/Trainer
Michael Figge/Jockey Robert Havlin): Immer deutlich geschlagen in besserer Gesellschaft.
Sein Erfolg wäre eine Sensation. Formen
auf weichem/schwerem Boden: w bis s 5, w1, s2, s4
Torquato Tasso (Gestüt Auenquelle/Trainer Marcel
Weiß/Jockey Jack Mitchell): Erst zwei Lebensstarts, davon ein Sieg. Lief bei
seinem Kölner Erfolg noch völlig grün, kam aber mit gewaltigen Speed und gewann
unter anderem gegen Toscano.
Interessanter Außenseiter, aber das Derby könnte noch etwas zu früh
kommen. Formen auf weichem/schwerem Boden: keine
Furioso (Stall Lago/Trainerin Jutta
Mayer/Jockey Martin Seidl): Im Münchener Derby-Trial meilenweit auf schweren
Boden geschlagen, davor zwei ordentliche zweite Plätze. Noch sieglos und
wahrscheinlich wird er das auch bleiben. Formen
auf weichem/schwerem Boden: w bis s7, w2, w5
Urteil
Kellahen wäre so eine Art Sieger des Herzen,
doch ich habe ein wenig Bedenken wegen des wahrscheinlich weichen Bodens. Wonderful Moon ist der Favorit und das zu schlagende Pferd,
aber es gibt Alternativen. Sein alter Konkurrent Grocer Jack zum Beispiel, der vielleicht die Nase vorn haben
könnte. Spätestens nach dem Münchener Sieg auf schwerem Boden ist allerdings Dicaprio meine Empfehlung. Sehr
gefährlich sind außerdem die beiden französischen Gäste Frohsim und In Swoop.
Meine Pferde für die Überraschung: Torquato
Tasso und Notre Ruler.
Deutsches Derby 2000: "Samum, Samum, Samum - eine Explosion". Eine Erinnerung auch an Kommentator Manfred Chapman.
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