Es war dann doch nichts mit Geschichte. Waldgeist hieß der
„böse“ Bube, der Enable am Treble hinderte. Aber diesmal stand die Zweite fast
mehr im Mittelpunkt. Enable ist gut gelaufen, auch Frankie Dettori hatte nichts
falsch gemacht. Doch der Ammerländer Waldgeist war an diesem Sonntag einfach
besser, was Trainer John Gosden auch gestand. Dennoch versuchen wir mal einen
Vergleich dreier Turf-Superstars der letzten Jahre – Frankel, Winx und
Enable.
Enable: Die fast Unschlagbare
Den Anfang macht Enable. Ihre Bilanz beindruckend zu nennen,
ist fast schon Understatement: 15 Starts, 13 Siege, ein zweiter Platz, ein
dritter Platz – also immer platziert, zehn Gruppe 1-Triumphe, Gewinnsumme über 10
Millionen Pfund. Erstmals sah ich sie in den englischen Oaks im Juni 2017: Dort
löste sie sich spielend vom Feld und distanzierte die große Favoritin Rhododendron
mit fünf Längen. Es war ein Erfolg zum Genießen, es folgten weitere überlegene
Triumphe in den Irish Oaks, im King George, in den Yorkshire Oaks und im Arc
2017. Immer wirkte die Nathaniel-Tochter sehr souverän, immer stand sie eine
Klasse über den Gegnern.
Zum ersten Mal kämpfen musste Enable im Arc 2018, als ihr
Sea of Class bedrohlich nahekam. Doch John Gosdens Stute besitzt nicht nur
Klasse, sondern auch starken Willen: Zwei relativ knappe Erfolgen gegen die
alte Kontrahentin Magical folgten. Dann kam der gigantische Zweikampf mit
Crystal Ocean im King George 2019. Kurz schien das Stoute-Pferd vorbei zu sein,
doch Enable kämpfte zurück und gewann. Es war ein Rennen, das einem den Glauben
an den Turf zurückgab.
John Gosden sagte einmal, dass Enable mit zunehmender Reife
sich ihre Rennen ökonomischer einteile und nicht mehr so euphorisch davon stürme.
Der zweite Platz im Arc wird ihren hohen Status jedenfalls nicht verändern.
Der erste Streich: Enable siegt in den English Oaks in Epsom
Winx: Die australische Ikone
Leider kam es nie zu einem Duell Enable gegen Winx, nicht
nur ich hätte das gerne gesehen. Allerdings wäre das auch schwierig gewesen,
schon allein wegen der Distanz: 2000 Meter scheinen Winx Obergrenze zu sein,
bei Enable wäre das die Untergrenze. Jedenfalls hat die Stute aus Australien einiges,
was die Gosden-Stute (noch) nicht hat: eine eigene Briefmarke, eine nach ihr
benannte Tribüne und einen Platz in der Australien Hall of Fame zum Beispiel.
Kein Wunder, die Bilanz von Winx ist phänomenal: 37 Siege
bei 43 Starts, eine unglaubliche Serie von 33 Erfolgen nacheinander,
Gewinnsumme über 14 Millionen Pfund. Sie lief noch mit sieben Jahren, siegte in
ihrer Glanzzeit auf Distanzen von 1400 Metern bis 2000 Metern. Mir ist kein derart
vielseitiges Spitzenpferd in Europa bekannt.
Die meisten Rennen des Schützlings von Trainer Chris Waller verzauberten
auch den hartgesottensten Beobachter. Oft blieb sie erst mal hinten, um dann
spätestens im Bogen ihre Aufholjagd zu starten. Fast immer saß Hugh Bowman im Sattel
und wenn Winx dann in dritter oder vierter Spur oft spielend leicht an ihren
Kontrahenten vorbeizog, bebte nicht nur die Rennbahn.
Die Stute hat Superstar-Status in Australien. Aus Europa
kommen oft Einwände, dass die Konkurrenz downunder nicht besonders stark sei.
Kann ich nicht endgültig beurteilen, da mag aber etwas dran sein. In Europa bekannte
Gegner wie Benbatl oder Hartnell waren schon sehr gute Pferde, aber nicht
unbedingt Gruppe 1. Dem weltweiten Winx-Fanclub war das sowieso egal.
Frankel: Das ultimative Rennpferd
Ende einer glanzvollen Ära: Winx letzter Erfolg.
Ähnlich spektakulär siegte auch immer Frankel, der Superstar
aus dem Stall des inzwischen verstorbenen Trainers Henry Cecil und in den
gleichen Farben laufend wie Enable. Der 2008 geborene Galileo-Nachkomme hat seinen beiden Rivalinnen aber etwas voraus: den Mythos der Unbesiegbarkeit. 14 Starts, 14
Siege, davon 10-mal Gruppe 1, lautet die blütenreine Bilanz.
Rennen mit Frankel hatten immer dieser Wow-Effekt: Weil er
sich so spielend leicht von den Gegnern löste, mit ihnen quasi spielte. Wenn er
mal relativ knapp gewann, tauchten schon leichte Krisendiskussionen auf.
Excelebration,
Zoffany, Canford Cliffs, Cirrus Des Aigle – alles Top-Pferde, die vom
Cecil-Schützling locker abserviert wurden. Besonders Excelebration musste ein
regelrechtes Frankel-Trauma im Laufe der Zeit entwickelt haben. So frustrierend,
dass er sogar schon offene Briefe schrieb. „Kein Pferd ist unschlagbar - außer
Frankel“ lautet seit langem eine meiner Turfweisheiten. Sie ist immer noch gültig. Siehe Enable im Arc. Auch wenn ich es nicht geglaubt hätte.
Der Sieger kommt außen und gewaltig: Frankel und Tom Queally siegen im Juddmonte International in York.
Urteil
Bei allem Respekt vor Enable und Winx – Frankel bleibt der
Beste. Enable hat die stärkeren Pferde geschlagen, aber Winx ist eine
australische Ikone. Zielfoto um Platz 2: Kleiner Vorteil – kurzer Kopf – für Enable, Richterspruch
1, kk.
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